Zentralklinikum

Meine Damen und Herren,
wenn wir nicht die Meinung der Bündnis 90 Grünen teilen, sind wir -laut Berichterstattung in den BNN- und nach Meinung von Frau Iding Dihlmann, der Fraktionsvorsitzenden, Kirchturmpolitiker und Populisten…Dieses Urteil passt gut zur Qualität grüner Politik, als Kinderbuchautor die größte Wirtschaftsmacht Europas führen zu wollen. Die Folgen dieses Anspruchs fliegen uns gerade um die Ohren. Die Wirtschaft ist nach drei Jahren grüner Wirtschaftspolitik schwer angeschlagen, unsere Existenz als globale Wirtschaftsmacht ist in Gefahr !
Unsere sachliche Kritik in der Klinikfrage richtet sich nicht gegen die Entscheidung, ein zentrales Klinikum zu errichten, dafür gibt es zwei gute Gründe. Wichtig bleibt trotzdem die sorgfältige Prüfung, ob wir es uns finanziell leisten können und wie der Haushalt der Stadt Baden-Baden zukünftig tangiert wird. Auch dann, wenn es zum schlechtesten Fall kommen könnte. Die bundespolitische Entwicklung zu den Fragen der Krankenhausfinanzierung ist noch nicht abgeschlossen, und überhaupt, die gesetzliche Krankenversicherung klagt aktuell über einen jährlichen zweistelligen Milliardenverlust durch die Minderfinanzierung der Gesundheitsversorgung von Bürgergeldempfängern durch den Staat einseitig zulasten der Versichertengemeinschaft.
Was wir kritisieren:
- die unvollständige Analyse für die Unternehmensentscheidung der Standortfrage
- den damit verbundenen Verlust von Klinik und Gesellschaftssitz für unseren Stadtkreis und die daraus resultierenden möglichen Folgen
- das Verhandlungsergebnis über unsere Anteile an der neuen Gesellschaft
Beschlüsse:
Erinnern wir uns:
Der Grund für das Projekt Zentralklinikum war mitnichten die medizinische Versorgung der Bevölkerung Mittelbadens zu verbessern, so wie aktuell häufig in den Vordergrund geschoben und damit falsch dargestellt.
Aus dem Brief der Oberbürgermeisterin Mergen vom 23.02.2021:
„Im Strukturgutachten der Firma aktiva werden Empfehlungen für vorbereitende strukturelle Maßnahmen im Hinblick auf die Zielstruktur gegeben, um den Prozess im operativen Betrieb wirtschaftlich zu stärken…“
Beweggrund war folglich die Notwendigkeit, weitere hohe Jahresverluste zu vermeiden. Alle gesellschaftseigenen Bemühungen zuvor, die Kostenstruktur in den Griff zu bekommen, schlugen leider fehl in der Absicht, positive Unternehmensergebnisse zu erzielen. Eine externe Expertise wurde in Auftrag gegeben. Im anschliessend vorgelegten Strukturgutachten war dann die kostengünstigste Variante in der Ein-Standort-Lösung mit der Zusammenlegung der medizinischen Fachgebiete vorgeschlagen worden. Das war verbunden mit einem starken Personalabbau, der auch den wesentlichen Einfluss auf die deutliche Kostenreduzierung beinhaltete:
Strukturgutachten von Aktiva-Beratern von Mai 2020 analysiert u.a. eine deutliche Einsparung von Personal bei Zentralisierung: 250 Vollzeitstellen weniger, bei Kosten von 81 T€ je Kopf, ergo > 20 Mio. Euro jährliche Einsparung bei den Personalkosten. Das ist angesichts der jährlichen Verluste von 5 bis 10 Mio. Euro nicht unbedeutend.
20 Mio. Euro Einsparung heisst im Gegenzug aber auch weniger Kaufkraft, soviel zu der Meinung eines Aufsichtsratsmitgliedes, es gäbe keine volkswirtschaftlichen Auswirkungen.
Die unbestreitbare medizinische Effizienzsteigerung durch die Zusammenlegung war also quasi ein wichtiger Zusatznutzen, der sich durch das Ziel der notwendigen Ergebnisverbesserung mittels Ein-Standort-Lösung ergab. Von einer Gefährdung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung Mittelbadens im Ramen des Projektfortschrittes zu sprechen, ist unverantwortlich und ängstigt unsere Bevölkerung. Unsere Kliniken leisten immer noch eine gute Arbeit und die Verluste der letzten Jahre sind überwiegend nicht hausgemacht, sie sind die Folge der von Bund und Land zu verantwortenden Mangelfinanzierung des staatlichen Gesundheitswesen. Die über Jahre fehlenden Ersatzinvestitionen -vor allem im vielleicht übertriebenen Brandschutz- sind gleichem geschuldet.
Gutachten „unabhängige Gutachter…“ (KMB Mediziner, BNN 24.11.)
Zu der von uns angezweifelten neutralen Bewertung der Grundstückseignung will ich besonders die Besetzung des „Beirats“ / „Bewertungskommission“ erwähnen, die durch ihre Arbeit die Eignungsreihenfolge der Grundstücke festgelegt hat:
Rastatt 4 Politiker: 1 Landrat (Vorsitz) 3 Kreisräte (alle ehemalige Bürgermeister)
Baden-Baden Prof. für Raumplanung TU Dortmund Gründer Unternehmensberatung Gesundheitswesen BAD Dipl.Ing. Ingenieurbüro Schwerpunkt Planung von Bauobjekten
Auf die Zusammensetzung des Baden-Badener Teils der Kommission hatte die FDP-Fraktion seinerzeit leider keinen Einfluss, unser Anteil Köpfe wurde damals von den drei großen Fraktionen bestimmt.
Während der Landkreis Rastatt erfahrene Politiker ins Rennen schickte, die dem Wohl des Kreises gemäß § 32 GemO verpflichtet waren, entsandte der Stadtkreis Baden-Baden drei unabhängige, unparteiliche Experten. Anhand dieser Zusammensetzung wundert es uns gar nicht, dass manche Bewertungen der Kommission zu den neutralen Kriterien aus Baden-Badener Sicht durchaus berechtigt angezweifelt werden dürfen und müssen.
Mehrere Kriterien wurden falsch bewertet und Umstände unberücksichtigt! Von der besten Standortlösung Münchfeldsee kann unter analytisch objektiver Sichtweise keinesfalls mehr gesprochen werden. Dazu wenige Beispiele aus den Gutachten:
Rastatt: Querspange L78b soll realisiert werden (lt. Landtag von Baden Württemberg, Drucksache 17/972 in Planung, Baubeginn 2025).
Gute Strassenerschliessung, Bewertung gut 85%
Der notwendige Grundstückstausch und das Naturschutzgebiet wurden gar nicht erwähnt. Und der Baubeginn der Querspange steht für 2025 gar nicht fest!
Baden-Baden: Eher ungünstigere Strassenerschliessung, befriedigend 60%
„Die besten Bewertungen in Kriterium 6.1 entfallen auf die Optionen 1 und 2, da die Realisierbarkeit von Bus- und S-Bahn-Haltestelle am Grundstück aufgezeigt wird.“ Wir in BAD haben den Bus schon lange an der Klinik!
Die Baugrunduntersuchung: Nachträglich wird für das Münchfeld erwähnt, dass teilweise eine Nachverdichtung des Baugrundes erforderlich sein kann. Jetzt ist Fels in Bezug auf die Tragfähigkeit besser als Kies-Sand-Gemische…aber generell gute Baugrundeigenschaften…trotz
- hohem Grundwasserniveau,
- für Rastatt typischen PFAS Belastungen,
- flächenhaft notwendiger Kampfmitteluntersuchung.
Wir finden es skandalös, wenn Gutachter von „typischen PFAS Belastungen“ sprechen und damit die Verseuchung mit dem von der Tagesschau als Jahrhundertgift bezeichneten Stoff verharmlosen. Der Bericht der Tagesschau spricht in den Hotspots von erheblichen Gefahren für die menschliche Gesundheit. Es handelt sich unserer Meinung nach um ein nicht zu vernachlässigendes Risiko, das klar gegen diese Standortentscheidung sprechen muss. Drohend hinzu kommt die Gutachteraussage, dass eine Kontamination mit Kampfmitteln für das entsprechende Gebiet bestätigt ist. Von technischen Untersuchungen, die mit Eingriffen in den Untergrund verbunden sind, wird dringend abgeraten! Wer befürwortet eine Klinik in einem verseuchten Gebiet? Welche Gutachter bewerten solche Umstände als ideal genug, um als bestbewertetes Grundstück im Wettbewerb zu bestehen? Von den Kosten einer Entseuchung und Räumung ist nirgendwo die Rede, sie würden vermutlich im Projektverlauf als unvermeidlich und unvorhersehbar hinzuaddiert! Das Ranking der Bewerbergrundstücke ist falsch! Zum gleichen Ergebnis kommt auch die BI Lärmschutz Rastatt Münchfeldsiedlung e.V. in ihrem Schreiben v. 6.11.2024.
Gesellschaftsvertrag
Es ist nicht so, wie von der SPD in ihrer Stellungnahme nachlässig und fälschlich behauptet wurde, die Belastungen zwischen Landkreis und Stadtkreis seien gerecht verteilt.
Die vom Gemeinderat geforderte Reduzierung auf 25,1% Gesellschaftsanteile als eines der drei Zustimmungskriterien wurde nicht durchgesetzt, angeblich wäre ein besseres Verhandlungsergebnis mit Rastatt nicht erreichbar gewesen. Es wurden uns dafür aber keine nachvollziehbaren Argumente genannt. Der Kämmerer rechtfertigte sich damit, dass das „Zugeständnis“ des Landkreises, Baden-Baden in den Kliniknamen aufzunehmen, als Gegenleistung für den fast doppelt so hohen Anteil unserer Bürger zu werten sei. In der Wirtschaft ist es genau umgekehrt, da wird für die Nutzung eines guten Markennamens Geld bezahlt. Ansonsten gab es für das schlechte Verhandlungsergebnis keine Erklärung…Ausser vielleicht noch folgende:
Der Dezernent für Finanzen im Landkreis Jung äusserte sich dem FDP Fraktionsvorsitzenden im Kongresszentrum u.a. wie folgt:
Baden-Baden sei viel zu arm um eine Klinik zu unterhalten…eine faktenbezogene Erklärung für die fast doppelt so hohe Kostenbelastung der Badener Bürger für das Zentralklinikum konnte auch er nicht vorbringen. Damit verdichtet sich für uns eine eher diktierende Verhandlungsweise auf Rastatter Seite, um bei einer milden Formulierung zu bleiben.
In dem Zusammenhang ist noch besonders brisant, dass allein die Stadt Rastatt mit 95 Mio. Euro doppelt so hohe Gewerbesteuereinnahmen hat wie der Stadtkreis Baden-Baden! Wir verlieren Klinikstandort und Gesellschaftssitz und sollen zusätzlich noch einen höheren Anteil pro Kopf tragen als der Landkreis. Das gutzuheissen, ist mit unserem Mandat nicht vereinbar!
In dem Zusammenhang sind folgende Verhältniszahlen Stadtkreis / Landkreis von Bedeutung:
Bevölkerung 20 : 80, stationäre Patientenstatistik 20 : 80
Unsere Überzeugung ist, dass mit durchsetzungsstarken Verhandlern auf unserer Seite der Ratsbeschluss von 25,1 Prozent durchaus erreichbar gewesen wäre !
Baden-Baden wird so zukünftig keinen oder kaum mehr Einfluss auf die operative Führung des Unternehmens haben, zahlt aber fast 30 % der notwendigen Investitionen und weiterhin 40 Prozent für jeden -auch zukünftigen Verlust- der Ursprungsgesellschaft. 29,5% verschaffen uns keinerlei „Mehr“ an Mitspracherecht als 25,1% und ist deshalb abzulehnen.
Für diejenigen, die noch nicht gerechnet haben: Das Zugeständnis der Verhandler 29,5 % gegen den Ratsbeschluss von 25,1 % zu akzeptieren, kostet unsere Stadt fast 13 Mio. Euro Bürgschaftsanteil, und das für den Namen der Gesellschaft, Herr Kämmerer? Die Mehrheit unseres Rates hat später leider auch diesen Nachteil durchgewunken.
Mit Gründung der neuen Gesellschaft frühestens zum 1.1.2025 und spätestens zum 1.1.2026 müssen wir den Gesellschaftsanteil von fast einer halben Mio. Euro einzahlen. Diese Ausgabe müsste von der Haushaltskommission bei ihren Prüfungen berücksichtigt werden.
Geburtsstation
„ im Falle der Zustimmung aller Beteiligter“… mit dieser Formulierung besteht rein rechtlich die Möglichkeit, dass nicht von allen Beteiligten eine Zustimmung erfolgt, im Besonderen die der Eigentümer. Ist die Parzelle bestimmt? Die Forderung des Gemeinderates ist aus unserer Sicht heraus noch nicht formell rechtssicher erfüllt.
Bürgschaftserklärung
Nach den heutigen Zahlen müsste Baden-Baden für einen Anteil von 85 Mio. ( 88 Mio. lt. Beschlussvorlage?) Euro bürgen (29,5% von 288,98 Mio. Investmentanteil der Gesellschaft). Dieses Risiko fliesst in die Vermögensrechnung als Ausweistext ein. Allerdings muss bei Inanspruchnahme eine „Passivierung“ erfolgen, also eine Belastung unserer Vermögensrechnung. Eigentlich sollte diese Problematik im Rahmen der Haushaltskommission als Worst-Case-Szenario zu prüfen sein. Denn im Falle späterer Verluste der KMB müsste der Städtische Haushalt für Zins und Tilgung der Darlehn den Banken gegenüber geradestehen.
Vergabeverfahren
Die Auswahlkommission soll durch die Mitglieder des AR der neuen Gesellschaft gestellt werden. Den Wegfall des Architektenwettbewerbs um 7 Monate Zeit einzusparen, konnten wir in der Fraktion in der kurzen Zeit noch nicht bewerten, denn auch die rechtliche Zulässigkeit dieses verkürzten Verfahrens ist von den Autoritäten noch nicht geprüft.
Eine Eilbedürftigkeit im Sinne einer akuten Gefahrensituation besteht unserer Ansicht nach nicht. Auch ist es falsch von Zeitdruck in Verbindung mit der gesundheitlichen Versorgung der Menschen in Mittelbaden zu reden, das ist eine rein zweckdienliche Verunsicherung. Jedoch ist der finanzielle Aspekt dieses Vorschlags nachvollziehbar.
Nach dem OLG Dresden, Beschluss vom 21.9.2016, Verg 5/16: …Dass selbst in dringenden Fällen ein Wettbewerb durchzuführen ist.
Grundstücksverwertung
Die Veräusserung der Grundstücke „mit dem Ziel der bestmöglichen Verwertung“, hinsichtlich des Kaufpreises…Welche bisher nicht genannten kommunalen Ziele oder Bedingungen hat die Verwaltung für die Stadtklinik formuliert? Was wäre, wenn das Land den höchsten Kaufpreis für die Nutzung böte und eine Unterbringung im Rahmen der starken Migrationsbewegung in unser Land nutzen möchte? Wie hoch wird der Wert der Klinikgebäude insgesamt eingeschätzt? Wie hoch werden die Restbuchwerte und die damit verbundene Sonderabschreibung wegen der Aufgabe der Nutzungsdauer sein? Werden die Verkaufserlöse den Schuldenstand der Gesellschaft zum Nutzungsende, geschätzte 50 Mio. und mit einem Anteil von 20 Mio. Euro für uns decken?
Alternative
Vor der Entscheidung über den künftigen Standort des geplanten Zentralklinikums muss das Ergebnis des Gutachtens zum Segelflugplatz abgewartet und in unsere Entscheidungsfindung mit einbezogen werden.
Den Menschen in Mittelbaden wurde zugesichert, dass das neue Zentralklinikum am bestmöglichen Standort errichtet wird. Die in den letzten Jahren erfolgten Kostensteigerungen hätten zur Folge, dass eine Klinik am Münchfeldsee -auch wie bereits ausgeführt- aller Voraussicht nach nur mit erheblichen Mehrkosten im Vergleich zum Standort Segelflugplatz zu errichten wäre. Hinzu kämen immense Zusatzkosten, unter anderem verursacht durch die Querspange und die aus Naturschutzgründen erforderlichen Ausgleichsflächen, die in der Kalkulation bislang nicht ausreichend berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist der Segelflugplatz durch den nahegelegenen ICE-Bahnhof Baden Baden ein enormer Vorteil, wodurch dieser Standort verkehrstechnisch als auch aus ökologischer Sicht die erste Wahl sein sollte.
Insbesondere in Zeiten stark angespannter Haushalte und kaum vorhandener finanzieller Spielräume ist es Aufgabe von Politik und Verwaltung, verantwortungsvoll mit den hart erarbeiteten Steuergeldern umzugehen. Sollte sich am Standort Segelflugplatz vergleichsweise ein nennenswerter Millionenbetrag einsparen lassen, muss dieser Standort ernsthaft in Erwägung gezogen und geprüft werden, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird.
Die Chance dazu werden wir bekommen, denn die Anzahl der Unterschriften für das Quorum (7%) des Bürgerbegehrens wurden bereits vor dem 20. November erreicht. Antrag und zweiter Teil der Unterschriften wurden heute im Rathaus übergeben. Somit kommt es mit grosser Wahrscheinlichkeit zum Bürgerentscheid. Dieser wäre zeitgleich mit der Bundestagswahl im Februar sinnvoll und wünschenswert. Denn eine solche Planung ermöglicht ausreichend Zeit für die Vorbereitung, wäre effizient und sorgt für eine gute Wahlbeteiligung. Das zu erreichende Quorum für den Erfolg des Bürgerentscheids beträgt 20 Prozent.
Die FDP - Fraktion hält es wegen der genannten Fakten für notwendig, die Entscheidung zu vertagen und beantragt das hiermit. Die Fraktion wird folglich dieser Beschlussvorlage nicht zustimmen.